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Zwischen zwei Zweigen

inquisitive Cardinal by James Russo

Lieber Chef vom Ganzen. Ich suche dringend einen neuen Job. Im Moment halte ich mich mit Freelance-Aufträgen über Wasser. Und der Pegel steigt sogar ziemlich gegen Hochwasser, es läuft gut. Nun habe ich durch persönliche Beziehungen ein Job-Angebot in der Kommunikationsabteilung eines Grossunternehmens erhalten. Job wäre interessant, Lohn gut, das Drumherum sehr gut. Habe mit Bekannten gesprochen, die dort arbeiten – und zufrieden sind. Dann habe ich mich noch auf eine Stelle regulär beworben. Auch in der Kommunikationsabteilung einer grossen Dings. Job wäre interessant, Lohn sehr gut, Drumherum gut. Unterschied zum anderen Job: Ich bin eine Bewerberin unter vielen und kenne dort niemanden. Das Problem ist, dass wohl noch nicht feststehen wird, ob das mit Job B etwas wird, wenn ich bei Job A zusagen muss. Soll ich nun den fetten Spatz in der Hand nehmen oder den Vogel auf dem Dach, der vielleicht nicht mal ne Taube ist? Eva, 33, Kommunikationsirgendwas

Liebe Eva

Die Frage ist, wie gut Sie sich mit Vögeln auskennen. Spatzen und Tauben sind weit verbreitet. Wenn nicht gar eine Plage. Mit Ihrer Qualifikation dürfen Sie stets mit guten Angeboten von Grossunternehmen rechnen, um im Schwarm geordnet Richtung Süden mitzufliegen. Natürlich hilft es, wenn Sie bereits den einen oder anderen Vogel im Betrieb kennen und wissen, wie der Wind pfeift. Und weil Erfolg im Business auf Beziehungen gründet und nicht auf Ungewissheit, empfehle ich Annahme von Job A.

Schöner aber als der Spatz in der Hand, ist die Taube auf dem eigenen Dach. Der spannendste Job heisst weder A noch B. Sie üben ihn bereits aus. Als Freelancerin verfügen Sie über etwas, um was Sie unzählige Spätzchen und Täubchen in den Konzernkäfigen beneiden: Freiheit. Sie sind das Rotkehlchen, der Kanarienvogel, der Pfau, der Strauss, der Adler, die Exotin, die Ihre eigene Flugbahn bestimmt. Nicht immer das gemütlichste Nest. Aber Ihr eigenes.

Überlegen Sie gut, ob Sie die vielleicht aus der Not gewonnene Selbständigkeit nicht zur Tugend machen wollen. Beziehungen zu Grossunternehmen bestehen, diese in Aufträge umzumünzen, reizt Sie nicht? Es klingt nicht so, als müssten Sie hartes Brot essen. Sondern eher nach Expansion. Warum also nicht ein paar Spatzen für Sie pfeifen lassen, anstatt in den Käfig wandern und Konzernkörnli picken?

Mit dem Lockruf der Selbständigkeit
Ihr Chef vom Ganzen

Bild: 500px (CC BY-ND 3.0)

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