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Der Sesselkleber und die Nachfolgeregelung

Sehr geehrter Chef vom Ganzen. Ich arbeite nun seit 5 Jahren in einer sehr kleinen Firma. Wir sind 4 Mitarbeiter und es hat sowohl Vor- als auch Nachteile in einer Firma dieser Grösse zu arbeiten. Jeder muss irgendwie ein Bisschen von allem machen damit alles klappt. Kernpunkt meiner Anfrage: Mein Chef wird ende Jahr pensioniert und will mir eigentlich die Nachfolge irgendwie übergeben. Allerdings macht er das nicht wirklich. Das heisst anstatt Arbeit abzugeben macht er immer noch alles selber, oder mischt sich überall ein und gibt die Arbeit nicht wirklich ab. Gewisse Sachen werden so zweimal gemacht und andere bleiben ganz auf der Strecke liegen. In andere Bereiche hatte ich noch nicht einmal Einblick. Ende Jahr ist sehr sehr bald und mich ereilt schon beinahe „Torschlusspanik“ wenn er nicht bald damit beginnt, mir gewisse Sachen komplett zu überlassen… Er ist mein Chef – ich kann ihm das nicht verbieten – auf der anderen Seite hat er mir einen Job aufgetragen den ich nicht ausführen kann, wenn er selber ständig mitmischt und alles abändert oder selber irgendwie macht. Was kann ich tun? Ramon (28), Stv. GL / Verkaufsleiter

Lieber Ramon

Sie haben es mit einem klassischen Sesselkleber zu tun. Die trennen sich nur ungern von ihrem Sessel. Vor allem nicht, wenn es sich um den Chefsessel handelt. Und so gut wie gar nicht, wenn sie den Sessel erfunden haben.

Fall es sich bei Ihrem Chef um den Firmengründer oder Besitzer handelt, würde ich gar nicht erst versuchen, ihm diesen Sitz streitig zu machen. Sondern einen Neuen bauen. Träumen Sie manchmal davon, wie es sein wird, wenn Sie der Chef sind? Wohin werden Sie die Firma führen? Mit welchen Produkten wollen Sie bei welchen Kunden erfolgreich sein? Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in fünf Jahren? Wie viel Umsatz und Gewinn werden Sie generieren? Entwickeln Sie eine Vision. Und reden Sie mit Ihrem Chef darüber. Sie sind jung und er glaubt an Sie.

Sein Vertrauen zu gewinnen, muss bis Ende Jahr Ihre wichtigste Aufgabe sein. Überraschen Sie ihn mit neuen Kunden und Aufträgen. Das haut ihn vom Hocker. Und löchern Sie ihn mit Fragen. Spannen Sie ihn ganz früh bei allem ein, was Sie tun wollen und fragen Sie nach seinem erfahrenen Rat: «Bald werde ich das alleine machen müssen, hast du mir einen Tipp?»

Damit er gar nicht die Gelegenheit bekommt, sich einzumischen. Weil Sie ihn involvieren. Die älteren Semester lieben es, von sich und den guten alten Zeiten zu erzählen. Mit geduldigem Zuhören werden sie zutraulich. Und bestimmt können Sie noch das Eine oder Andere lernen.

Sie kriegen das hin. Und sonst schreiben Sie mir wieder. Ich bin auch schon bald Vierzig.

Mit Grüssen aus dem eigenen Sessel
Ihr Chef vom Ganzen

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Wie werde ich Chef?

Lieber Chef vom Ganzen. Ich bin Sachbearbeiter in einem KMU mit 40 Leuten und stehe irgendwo in der Mitte der Hierarchie. Das heisst: Ich kann den Stift schicken, ùm Gipfeli zu holen, aber bei Sitzungen mit dem Kader muss ich meistens das Protokoll schreiben, wenn keine Sekretärin da ist. Meine Frage ist kurz und einfach: Wie werde ich Chef vom Ganzen? P. Geiger (29), Sachbearbeiter

Lieber Herr Geiger

Es beginnt damit, dass Sie die Gipfeli selber backen. Damit beeindrucken Sie Ihren Stift, das Kader und entwickeln das, was einen Chef ausmacht: Eigeninitiative.

Und gleich noch ein Tipp: Schreiben Sie das Protokoll fortan auch dann, wenn Ihre Sekretärin anwesend ist. Denn das Protokoll ist ein nicht zu unterschätzendes Macht- und Steuerinstrument. Anhand dessen lassen sich Sitzungen lenken und Entscheidungen herbeiführen. Es kommt darauf an, was Sie aus der Rolle des Protokollführers machen.

Sie ahnen es bereits. Chef sein hat mit Macht und Autorität zu tun. Und diese müssen Sie sich zuerst erarbeiten. Natürliche Autorität erhalten Sie, wenn Sie in den Augen Ihrer Mitarbeiter etwas besser können. Dann folgen sie Ihnen, weil sie darauf vertrauen, dass Sie es am besten drauf haben. Es lebt sich gut im Windschatten eines Siegers.

Streichen Sie Ihre Erfolge beim Kader hervor und machen Sie Ihre Mitarbeiter zu Komplizen. Die Treppe nach oben führt über die Schultern Ihrer Mitarbeiter. Wenn Sie es schaffen, dass Ihnen Gretel in den Wald folgt, haben Sie das Zeug zur Märchenkarriere.

Oder Sie gehen zurück auf Start. Als Gründer eines eigenen Unternehmens. Dann bestimmen Sie ab sofort alleine. Ohne Protokoll. Und die übrigen Gipfeli vom Frühstück essen Sie dann zum Znacht. Das Jungunternehmertum ist die Alternative zur Karriere als Konzernsoldat. Und macht aus eigener Erfahrung unheimlich viel Spass. Das Einzige, was Sie dazu brauchen, ist eine Idee, etwas Mut und einen Schuss Wahnsinn. Oder wie Steve Jobs es sagte: «Because the people who are crazy enough to think they can change the world, are the ones who do.»

Grosse Worte. Allerdings. Lassen Sie sich davon nicht abschrecken. Meist liegen die Ideen näher als Sie glauben. Google, Facebook und Apple sind Ausnahmen. Sie können auch mit Hamburgern oder Kaffee erfolgreich sein. Die Frage ist, was Sie daraus machen.

Mit unternehmerischen Grüssen
Ihr Chef vom Ganzen