Kategorie: Fashion

Die undemokratische Wollmütze

Lieber Chef vom Ganzen. Gerade fällt der erste Schnee vor dem Fenster, jetzt ist definitiv Winter. Das bedeutet auch, dass mein Chef wieder seine Wollmütze aus den Tiefen des Kleiderschranks hervorgekramt hat. Und diese Mütze ist wirklich kein schöner Anblick (es steht sogar „nasty“ darauf, das sagt doch schon alles). Seit Jahren versuche ich, ihm das Teil auszureden. So diplomatisch, wie ich nur kann. Nichts hilft, was soll ich tun? Ich mein‘ es doch nur gut. Andrea (30), Projektleiterin

Liebe Andrea

Es liegt in der Natur der meisten Chefs den eigenen Kopf durchzusetzen. Auch mit Mütze drauf. Von Diplomatie oder Demokratie halten derart gestrickte Köpfe wenig. Sie geben sich für andere Meinungen zwar meist empfänglich und sind es vielleicht sogar. Doch am Ende halten sie an ihrer eigenen Wahrheit fest. Sehr fest. Und sehr lange.

Doch genau das ist das Holz aus dem kongeniale Chefs geschnitzt sind. Und sture Holzköpfe. Denn trifft der Chef mit seiner unbeirrbaren Vorliebe den Geschmack der Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter, lobt man ihn für seine Geradlinigkeit, seine Durchsetzungskraft, seinen Mut den eigenen Weg gegen alle Widerstände zu gehen. Haut er daneben, kritisiert man ihn für seine Sturheit, Uneinsichtigkeit, Kritikunfähigkeit.

Der Grat ist schmal. Und der Tanz darauf kein leichter. Und weil es sich zu zweit viel besser schöner leichter tanzt, lassen sich manche Chefs nur allzu gerne führen von der Meinung ihrer Frau. Oder Freundin. Oder Partnerin. Oder Mutter. Oder Mitarbeiterin. So einfach sind die meisten Männer (und Chefs) gestrickt. Sie einfach wie eine Wollmütze.

Es scheint Ihnen etwas zu liegen an dieser Mütze. Und auch an diesem Chef. Wenn Sie diesen Kopf neu eindecken wollen, kommen Sie nicht umher ihm eine neue Mütze zu schenken. Oder sogar zu stricken. Oder wäre das dann doch zu nasty für Sie?

Mit kühlem Kopf
Ihr Chef vom Ganzen

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Unter ferner liefen

Photograph Human Streetrace by Knut Haberkant on 500px

Lieber Chef vom Ganzen. In unserer Stadt wird jedes Jahr ein öffentliches Wettrennen durch die Altstadt durchgeführt. Unter anderem gibt es die Kategorie «Firmen». Unser Chef ist wild entschlossen, unseren Betrieb dort anzumelden. Wir sind eine sechsköpfige Belegschaft, und der Chef besteht darauf, dass alle mitmachen. Aus Werbegründen sollen wir einen hautengen Ganzkörperanzug in unseren Firmenfarben tragen. Ich bin 1.73m gross, 95 Kilo schwer, habe zwei lädierte Knie und bin schon fix und fertig, wenn mal der Lift in den 2. Stock ausfällt. Wie komme ich aus der Sache raus? Toni, 43, Elektroinstallateur.

Lieber Toni

Ihr Chef ist ein Marketing-Genie. Bei so einem Stadtlauf werden am Ende ja nur die drei bestplatzierten Firmen gefeiert und am Folgetag in der Zeitung vermeldet. Mit Gratis-PR und einem Pokal ist bei einer derart lädierten Truppe von Liftfahrern nicht zu rechnen. Ein ambitionierter Chef könnte also, wie es bei Plauschturnieren viele tun, den einen oder anderen Profi in die Mannschaft einwechseln. Oder er sorgt dafür, dass die Firma jenseits der sportlichen Leistung auffällt. Wobei ein paar leichtfüssige Afrikaner für beide Effekte gut wären.

Der atemberaubend enge Dress wird bei den Passanten einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen. Je nach Firmenfarben reicht es vielleicht sogar für das Foto in der Zeitung.

Sie müssen das olympisch sehen: dabei sein ist alles. Die Frage ist nur wie. Verbissen, kämpfend, schwitzend, ringend, röchelnd oder langsam, aber stetig und mit einem Lächeln. Nicht nur dem Sieger, auch dem Underdog fliegen die Sympathien zu. Und dann gäbe es ja immer noch die Möglichkeit, den Ganzkörperanzug auf den Kopf auszuweiten. Iron Man, im weitesten Sinne ebenfalls Elektroinstallateur, trägt ja auch Helm. In diesem Sinne empfehle ich: Augen zu und durch.

Mit elektrisierenden Grüssen
Ihr Chef vom Ganzen

Bild: 500px (CC BY-ND 3.0)

Der Minirock’n’Roll

Photograph cat by John Dunnigan on 500px

Lieber Chef vom Ganzen. Ich bin eine Frau in führender Position und mag mich nicht dem gängigen Clichée der Kleidungsnorm „graue toughe Maus“ unterwerfen. Deux-Pièces stehen mir einfach nicht und um hautfarbene Strumpfhosen mache ich einen weiten Bogen. Nun meinte eine Arbeitskollegin letzthin auch noch, sie würde nie mit offenen Haaren an ein Kundenmeeting gehen, da dies höchst unprofessionell wirke. Ich habe mir diese Frage noch nie gestellt (und bin wohl damit – wenn auch unwissentlich – schon des öfteren negativ aufgefallen). Resultieren mir also geschäftliche Nachteile aus meiner naiven Annahme, dass bei Geschäftsterminen meine Persönlichkeit im Vordergrund steht und diese bestenfalls durch meine Auftreten und meine Kleidung unterstrichen wird? Wäre es zukünftig somit ratsam, mich zu verkleiden? Barbara, 37, Head of Marketing

Liebe Barbara

Sie sollten wieder einmal bewusst Nachrichten sehen. Und sich dabei genau beobachten. Sie hören der Moderatorin zu wie sie von Bombendrohungen aus Nordkorea (Tagesschau) oder vergifteten Hühnern in Oberengstringen (TeleZüri) berichtet. Und Sie schauen genau hin. Nicht auf die Hühner oder Kim Jong-un. Sondern auf die Nachrichtensprecherin.

Auf den Sofas dieser Welt sind Kursstürze und Regierungskrisen nur die weiteren Nachrichten im Kurzüberblick. Die Themen, die bewegen: schlecht sitzende Anzüge in grellen Farben, Frisuren und überhaupt hat der Stylist der Nachrichtensendung wahrscheinlich den härteren Job als der Nahost-Korrespondent.

Und genau so verhält es sich auch in den Sitzungszimmern dieser Welt. Bei einer Präsentation müssen nicht nur Ihre Folien und Ihre Argumente überzeugen, sondern auch Sie selbst. Alles zählt. Vom Augenaufschlag bis zu den Zehennägeln. Auftreten, Kleidung, Parfüm, Frisur. Inhalt ist wichtig. Aber der Witz ist immer nur so gut wie der, der ihn erzählt. Bei Geschäftsterminen machen Sie den ersten Eindruck bereits beim Händedruck. Noch bevor Sie richtig den Mund aufgemacht haben.

Sie müssen sich nicht verkleiden. Sehen Sie den Hosenanzug oder das Deux-Pièce einfach als Uniform. Als Tarnanzug. Und schon fühlen Sie sich ein bisschen wie Peter Parker, Bruce Wayne oder Selina Kyle. Ich bin sicher, dass auch Sie ein Kostüm finden, mit Sie sich sich wohl fühlen. Wie stehen Sie denn da, wenn der Beamer ausfällt? Hoffentlich in einem Minirock (sollte aber nicht kürzer als eine Handbreite über dem Knie enden).

Und falls Sie es immer noch nicht glauben, sehen Sie die Nachrichten das nächste Mal ohne Ton.

Mit Nadelstreifen
Ihr Chef vom Ganzen

Bild: 500px (CC BY-NC-ND 3.0)

Baden mit Büro

Lieber Chef. Mir läuft die Zeit davon, ich brauche dringend Ihren Rat. Wir sind eine Abteilung mit 10 Personen und unserem Chef ist es ganz wichtig, dass wir auch ausserhalb des Büros gemeinsam etwas erleben. In einer Woche fahren wir zu einer zweitägigen Konferenz nach Pfäffikon. Auf der Traktandenliste steht: „Donnerstag, 17 – 19 Uhr: Gemeinsames Eintauchen in die Spasswelt vom Alpamare.“ Meine letzte Schwangerschaft ist zwei Jahre her, die letzten 12 Kilo hängen mir bis heute an der Hüfte. Das kann ich im Alltag geschickt kaschieren, aber wenn ich im Bikini vor meinen vorwiegend männlichen Kollegen die Treppe zur Rutsche hochsteige, dann offenbart sich ihnen ein Anblick, den ich nicht mal meinem Mann zumuten will. Wie komme ich aus der Nummer raus? Frau Koch (34), Sachbearbeiterin

Liebe Frau Koch

Wie so oft im Geschäftsleben ist alles eine Frage des Timings. Sie könnten versuchen es vor allen anderen ins Wasser zu schaffen. Und erst dann wieder raus, wenn alle gegangen sind. Was Ihnen allerdings als asoziales Verhalten ausgelegt würde. Und weil es bei diesem Event um das Gegenteil davon geht, rate ich Ihnen: betreten Sie auf keinen Fall das Haifischbecken.

Sie würden mit ihrem Bond-Girl-Auftritt für ein unvergessliches gemeinsames Erlebnis sorgen. Vor allem bei Ihren männlichen Kollegen. Was durchaus im Sinne des Anlasses wäre. Aber Ihren Ruf in der Firma schwer beschädigen würde. Mehr als 12 Kilo schwer. Ein Einteiler, ich rate dringend ab, hätte einen ähnlich verheerenden Effekt.

Suchen Sie 1-2 Stunden vor der Verschiebung Richtung Alpamare das Gespräch mit Ihrem Chef. Sagen Sie ihm, dass Ihnen nicht wohl sei und Sie sich gerne im Hotelzimmer etwas hinlegen würden. Frauen sind so. Wenn er es, obwohl kaum vorstellbar, weil völlig taktlos, genauer wissen will, schieben Sie es auf Ihre Tage. So wie früher in der Schule beim Schwimmunterricht.

Viel Glück wünscht Ihnen
Ihr Chef vom Ganzen