Volle Kraft voraus

Lieber Chef vom Ganzen. Bei einem Geburtstagsfest eines Freundes kam kürzlich eine Diskussion über Beruf und Karriere auf. Einer der Anwesenden fragte mich, wie meine Planung so aussehe. Ich habe ihm erklärt, ich könne mir durchaus vorstellen, bis zur Pensionierung bei meiner derzeitigen Firma und in meiner jetzigen Position zu verbleiben. Am Tisch wurde es schlagartig still, und ich habe das Gefühl, ich werde seither nicht mehr für voll genommen. Bin ich ein Auslaufmodell mit meiner Haltung? Martin, 41, Vorsorgeberater

Lieber Martin

Bestimmt kennen Sie den vielleicht emotionalsten Satz im Leben eines Menschen. Männer und Frauen sprechen ihn am schönsten Tag ihres Lebens aus: «Ja, ich will.» Privat trauen wir uns, treu zu sein. Für immer und ewig. Wir folgen einem Bedürfnis, das tief in unseren Köpfen und Herzen wurzelt: Zugehörigkeit.

Und das tun wir nicht nur privat. Auch im Geschäft besiegeln wir Zugehörigkeit mit einem Vertrag. Falls Sie verheiratet sind, wissen Sie nur allzu gut: zwischen Ehe- und Arbeitsvertrag besteht kein grosser Unterschied.

Ihre Haltung ist kein Auslaufmodell. Im Gegenteil. Jeder will irgendwo dazugehören. Auch Ihre Geburtstagsfreunde. Als Ehepaar, als Gruppe, im Rudel, im Klub – da sind wir stark. Es sind die einsamen Wölfe, die abgeschossen werden. Nicht nur im Wallis.

Ihre Befürchtung, nicht mehr für voll genommen zu werden, kann ich bedenkenlos zerstreuen. Männer mit Sinn für Treue stehen hoch im Kurs. Privat und geschäftlich. Denn einen neuen Ehemann oder Mitarbeiter einschulen, kostet Nerven, Zeit und Geld.

Dass es rund um Sie als loyal gesinnten Mitarbeiter still wurde, hängt wohl damit zusammen, dass sich kaum ein Arbeitnehmer mehr vorstellen kann, einem Betrieb ein Leben lang die Stange zu halten. In guten wie in schlechten Zeiten. Sie folgen lieber dem Erfolg. Hangeln sich aufwärts, von Firma zu Firma. Immer dort, wo es am besten läuft. Immer zu dem, der am besten bezahlt.

Opportunisten. Trittbrettfahrer. Passagiere auf der Suche nach einer günstigen Mitfahrgelegenheit. Aber nur, wenn Sie lange genug auf einem Boot bleiben, werden Sie es von der Kajüte bis zum Segel in und auswendig kennen. Und am Ende vielleicht sogar steuern.

Mit voller Kraft voraus
Ihr Chef vom Ganzen

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