Drei Dinge, die Sie zum Chef machen
Die Kolumne erschien im Context Magazin des Kaufmännischen Verbandes Schweiz.
Die Kolumne erschien im Context Magazin des Kaufmännischen Verbandes Schweiz.
Hallo Chef vom Ganzen. Ich bin selbstständig und habe Probleme mit Mails. Mails mit Lesebestätigung. Das ist so was von übel, dass ich reflexartig auf „Nein – keine Lesebestätigung senden“ drücke. Ich bin unsicher wie ich die „Anforderer“ einer E-Mail Lesebestätigung einstufen soll. Sind das zu klein geratene Warmduscher die Ihr Ego aufbessern, indem Sie völlig belanglose Inhalte – über den fantasielosen Umweg einer Lesebestätigung – als „wichtig“ platzieren? Oder ist meine Affekthandlung eine Abwehrhaltung gegenüber Personen, die wichtige Inhalte auch als solche bestätigt haben wollen? Wer hat eigentlich diese Funktion erfunden? E-Mail als Kommunikationsmittel ist schon übel genug. Aber mit Lesebestätigung geht gar nicht. Lieber Chef vom Ganzen. Wie bringe ich jemandem bei, der alle seine Mails mit Lesebestätigung versendet, dass es auch in seinem Mailprogramm einen Knopf gibt, wo man das ausschalten kann? Heinrich (41), Geschäftsführer
Lieber Heinrich
Am 1. Februar 1991 fasste sich die Schweizerische Post ein kaltes Herz und führte die Zweiklassengesellschaft ein. Und erntete prompt kübelweise Spott. Denn obwohl von den SBB bekannt, erwies sich das System als gewöhnungsbedürftig. Für Sender und Empfänger. Die Presse höhnte damals: A-Post nach Australien, B-Post nach Belgien.
Nun, danach kräht kein Hahn mehr. Denn heute wird alles Express verschickt. Auf Knopfdruck. Per E-Mail. Und weil bestimmt auch Sie sicher gehen möchten, dass unsere Nachricht in der richtigen Mailbox und nicht im Spam-Dschungel Australiens gelandet ist, haben findige Programmierer die Lesebestätigung entwickelt. (Gilt nicht für Obama. Der liest auch ohne Bestätigung mit.)
Schnell war das Eis der Skepsis gebrochen, die Funktion Schnee von gestern. Eine der erfolgreichsten Apps überhaupt baut auf einer automatischen Lesebestätigung auf: Whatsapp. Und in jedem anständigen (und unanständigen) Messenger sehen Sie heute sofort, wer empfangsbereit ist. Noch bevor Sie überhaupt eine Nachricht verfasst haben.
Kämpfen Sie nicht gegen Lesebestätigungen an. Nutzen Sie sie zu Ihren Gunsten. Klicken Sie ab sofort reflexartig auf Lesebestätigung senden statt umgekehrt. Die Kunden lieben Selbständige, die sofort reagieren und immer verfügbar sind. Sorgen machen müssen Sie sich als Selbständiger erst, wenn es den Absender nicht mehr interessiert, ob Sie seine E-Mail gelesen haben. Oder wenn Sie nur noch B-Post erhalten.
Mit Lesebestätigung
Ihr Chef vom Ganzen
Sehr geehrter Chef vom Ganzen. Ich arbeite nun seit 5 Jahren in einer sehr kleinen Firma. Wir sind 4 Mitarbeiter und es hat sowohl Vor- als auch Nachteile in einer Firma dieser Grösse zu arbeiten. Jeder muss irgendwie ein Bisschen von allem machen damit alles klappt. Kernpunkt meiner Anfrage: Mein Chef wird ende Jahr pensioniert und will mir eigentlich die Nachfolge irgendwie übergeben. Allerdings macht er das nicht wirklich. Das heisst anstatt Arbeit abzugeben macht er immer noch alles selber, oder mischt sich überall ein und gibt die Arbeit nicht wirklich ab. Gewisse Sachen werden so zweimal gemacht und andere bleiben ganz auf der Strecke liegen. In andere Bereiche hatte ich noch nicht einmal Einblick. Ende Jahr ist sehr sehr bald und mich ereilt schon beinahe „Torschlusspanik“ wenn er nicht bald damit beginnt, mir gewisse Sachen komplett zu überlassen… Er ist mein Chef – ich kann ihm das nicht verbieten – auf der anderen Seite hat er mir einen Job aufgetragen den ich nicht ausführen kann, wenn er selber ständig mitmischt und alles abändert oder selber irgendwie macht. Was kann ich tun? Ramon (28), Stv. GL / Verkaufsleiter
Lieber Ramon
Sie haben es mit einem klassischen Sesselkleber zu tun. Die trennen sich nur ungern von ihrem Sessel. Vor allem nicht, wenn es sich um den Chefsessel handelt. Und so gut wie gar nicht, wenn sie den Sessel erfunden haben.
Fall es sich bei Ihrem Chef um den Firmengründer oder Besitzer handelt, würde ich gar nicht erst versuchen, ihm diesen Sitz streitig zu machen. Sondern einen Neuen bauen. Träumen Sie manchmal davon, wie es sein wird, wenn Sie der Chef sind? Wohin werden Sie die Firma führen? Mit welchen Produkten wollen Sie bei welchen Kunden erfolgreich sein? Wie viele Mitarbeiter beschäftigen Sie in fünf Jahren? Wie viel Umsatz und Gewinn werden Sie generieren? Entwickeln Sie eine Vision. Und reden Sie mit Ihrem Chef darüber. Sie sind jung und er glaubt an Sie.
Sein Vertrauen zu gewinnen, muss bis Ende Jahr Ihre wichtigste Aufgabe sein. Überraschen Sie ihn mit neuen Kunden und Aufträgen. Das haut ihn vom Hocker. Und löchern Sie ihn mit Fragen. Spannen Sie ihn ganz früh bei allem ein, was Sie tun wollen und fragen Sie nach seinem erfahrenen Rat: «Bald werde ich das alleine machen müssen, hast du mir einen Tipp?»
Damit er gar nicht die Gelegenheit bekommt, sich einzumischen. Weil Sie ihn involvieren. Die älteren Semester lieben es, von sich und den guten alten Zeiten zu erzählen. Mit geduldigem Zuhören werden sie zutraulich. Und bestimmt können Sie noch das Eine oder Andere lernen.
Sie kriegen das hin. Und sonst schreiben Sie mir wieder. Ich bin auch schon bald Vierzig.
Mit Grüssen aus dem eigenen Sessel
Ihr Chef vom Ganzen
Ich möchte abseits meines (repetitiven) Bürojobs als Angestellte zumindest einen Teil der Ideen, die ich im Kopf habe, endlich umsetzen und damit meinem Ziel näherkommen, vom Ausland aus selbstbestimmt zu arbeiten. Als frühere (Fastprofi-)Spielerin kenne ich mich in der Tennisszene gut aus und bin auf einen Amerikaner aufmerksam geworden, der ein spezielles Fitnessprogramm inklusive Trainingszubehör anbietet – früher auch per DVD (die mir vorliegt) mittlerweile nur noch in seinen Studios in den USA. Ich bin von dem Programm überzeugt, würde es gerne in Europa bekannt machen und natürlich auch gerne finanziell partizipieren. Was raten Sie mir? Zunächst: wie kontaktiert man diesen Amerikaner am besten? Hat man in solchen Fällen als Einzelperson überhaupt eine Chance oder muss man sich als Unternehmen „darstellen“? Sollte ich versuchen, die DVDs in Europa per Internet als alleiniger Anbieter zu vertreiben (mit Versand aus Deutschland)? Werbung dafür könnte über Blogbeiträge laufen, die ich selbst schreiben kann und über Verlinkungen mit wirklich passenden, ausgewählten Websites. Oder sollte ich versuchen, ein System mit Trainerausbildungen und Lizenzstudios in Deutschland zu etablieren? (Ideen habe ich – aber für die Umsetzung eines solchen Plans hätte ich gerne Geschäftspartner an meiner Seite, da ich Neuling bin und nicht über Kapital verfüge). Als Alternative zu dieser Konzentration auf eine einzige Trainingsmethode kann ich mir auch vorstellen, eine Internetpräsenz mit den besten Fitnessübungen für Tennisspieler zu erstellen und die entsprechenden DVDS/Trainingsmittel per Internet zu vertreiben. Ich bin sehr gespannt, welche dieser Alternativen Sie gut finden und welche Expertentips Sie dazu geben möchten – ganz herzlichen Dank im Voraus! Senta (39), Dokumentationsassistentin in der Wissenschaft
Liebe Senta
Ihr Wunsch nach einer selbstbestimmten Arbeit aus dem Ausland spricht für ein Geschäftsmodell, das Ihnen viele Freiheiten lässt. Und damit eher gegen die Beschränkung auf den Vertrieb dieses einen Fitnessprogramms.
Kontakt aufnehmen, schadet aber nicht und geht so: Telefon in die Hand nehmen und anrufen. Ganz unverfroren. Erzählen Sie diesem Amerikaner Ihre Geschichte und Ihre Absicht, sein Programm in Europa bekannt zu machen. Führen Sie Ihre guten Kontakte in der Tennisszene als möglichen Vertriebskanal ins Feld. Und finden Sie heraus, ob, wie und warum dieses Programm in den USA erfolgreich ist. Welche Marketingmassnahmen haben zu wie viel Umsatz geführt?
Entscheidend für Ihren Erfolg als Lizenznehmerin sind nicht nur die Fitness-, sondern vor allem auch die Businesspläne. Sonst endet die Übung mit einem zünftigen Muskelkater.
Und beobachten Sie den Markt. Seit den guten alten Zeiten von Arnold und Pumping Iron gibt es mehr Fitnessprogramme, Kraftstudios und Personal Trainer als Proteine und Aminosäuren zusammen. Der klare Fokus auf Tennisspieler klingt interessant. Und passt zu Ihnen. Ob DVDs in Zeiten von Youtube noch erfolgsversprechend sind, scheint mir fraglich. Fitnessgeräte und vor allem Ergänzungsnahrung (Proteine) scheinen aber stark nachgefragt zu sein.
Am Ende ist es wie beim Tennis. Slice oder Topspin, Cross oder Longline – Sie entscheiden. Ganz allein. Schlag für Schlag.
Ich wünsche Ihnen einen ersten Aufschlag im Feld
Ihr Chef vom Ganzen
Lieber Chef vom Ganzen. Seit Monaten bin ich hier im Büro mit der Kälte am Kämpfen. Ich habe immer kalt und die anderen immer heiss. Die anderen sind zwei ältere Herren, der eine ist übergewichtig aufs Gröbste und der andere ein Strich in der Landschaft. Jeden tag erfriere ich, hab mir ne Kuscheldecke gekauft, damit ich weniger kalt habe. Draussen sind es 25° und ich sitze im Büro mit einer Decke und heissem Tee. Wenn ich nett darum bitte, das Fenster zu schliessen heisst es, sie hätten heiss, ich sage ich hätte kalt. Von hinten kommt eine dritte (schlaue) Antwort, anziehen könne man sich immer, ausziehen nicht. Ich werde regelrecht „fertiggemacht“ mit diesem Fenster. Weiter haben sie noch einen Venti, der mir auch fast die Frisur zerstört. Halsweh gehört zur Tagesordnung und am Abend brauche ich eine heisse Dusche. Was soll ich tun? Hélène (47), IT-Support
Liebe Hélène
Sie sind kein Pinguin. Sie sind keine Skilehrerin. Sie arbeiten nicht in in einer Forschungsstation auf der Antarktis. Und auch nicht im Zoo. Man kann nicht von besonderen Arbeitsumständen sprechen. Somit gilt in der Schweiz die Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz vom 18. August 1993. In der unmissverständlichen Wegleitung des SECO heisst es zum Thema Raumtemperatur auf Seite 2 denn auch klar und deutlich:
«Die Raumtemperatur ist gemäss der Norm SN 520 180 die empfundene Temperatur in Raummitte. Die empfundene Temperatur – oft auch als operative Temperatur bezeichnet – ist ein mit der Luftgeschwindigkeit gewichteter Mittelwert zwischen der Lufttemperatur und der mittleren Strahlungstemperatur der Raumbegrenzungsflächen. Bei kleinen Luftgeschwindigkeiten ist die empfundene Temperatur vereinfacht der arithmetische Mittelwert der beiden genannten Temperaturgrössen. In der Tabelle 316-1 sind die Lufttemperaturen – abgestuft nach Art der Tätigkeit – aufgeführt, die für Räume angemessen sind, in denen die mittlere Temperatur der Raumbegrenzungsflächen etwa im Bereich der Lufttemperatur liegt und die Luftgeschwindigkeit gering ist.»
Zum Glück enthält die Verordnung eine für Bundesbern erstaunlich verständliche Tabelle:
– Art der Tätigkeit / Lufttemperatur
– Sitzende, vor allem geistige Tätigekeit / 21-23 Grad Celsius
– Sitzende, leichte Handarbeit / 20-22 Grad Celsius
– Leichte körperliche Arbeit mit Stehen und Fortbewegen / 18-21 Grad Celsius
– Mittelschwere körperliche Arbeit / 16-19 Grad Celsius
– Schwere körperliche Arbeit / 12-17 Grad Celsius
Für ein optimales Büroklima empfehle ich die Anschaffung eines Thermometers. Das schafft Fakten. Und gibt der Diskussion mit dem offenen Fenster eine neue Dynamik. Hängen Sie das Thermometer an prominenter Stelle im Büro auf. Und kleben Sie die Tabelle daneben. Sobald die Temperatur bei offenem Fenster unter 17 Grad fällt, müsste mit schwerer körperlicher Arbeit begonnen oder das Fenster geschlossen werden.
Oder Sie buchen eine Carfahrt in den Schwarzwald. Und ersetzen Ihre Kuscheldecke mit einer schönen, warmen Heizdecke.
Mit einem warmen Händedruck
Ihr Chef vom Ganzen
Lieber Chef vom Ganzen. Ich werde bald umstrukturiert. Eine inhaltliche Neuorientierung wie auch eine Selbständigkeit reizen mich sehr, ich muss aber drei Töchter co-ernähren. Ich hätte ein Angebot, in ähnlichem Umfeld weiterzuarbeiten. Mit einem reduzierten Pensum und damit Ressourcen für sanften Einstieg in die Selbständigkeit könnte ich mir das grundsätzlich vorstellen. Funktioniert eine solche halb-halb-Strategie oder betrüge ich mich selbst? Brauche ich einen (zweiten) Tritt in den Hintern für einen Herzentscheid oder ist diese Risikominimierung positiv-vernünftig? Merci für Weisheit vom Ganzen. Reto (40), Geschäftsführer
Lieber Reto
Der vielleicht grösste Fehler beim Pokern ist mitzuspielen. Vor allem Anfänger gehen und bieten zu oft mit. Auch mit schlechten Karten. Weil sie pokern wollen. Profis verwerfen 90 und mehr Prozent ihrer Karten. Die grosse Kunst heisst warten. Warten auf echte Chancen. Mathematische. Taktische. Psychologische. Den Rest besorgt die Glücksfee.
Genau so verhält es sich mit der beruflichen Selbständigkeit. Sie sollten kein Unternehmen gründen, weil Sie ein Unternehmen gründen wollen. Das scheitert meist bei der Suche nach einem guten Namen, einem Logo und spätestens bei der Homepage. Weil Sie nicht wissen, was sie schreiben sollen. Wie auch, wenn Sie nicht einmal wissen, wem sie was verkaufen wollen.
Ein (warum eigentlich) reduziertes Pensum in ähnlichen Umfeld annehmen und sich währenddessen auf die Suche nach einer guten Geschäftsidee machen, klingt positiv-vernünftig. Und ist es auch. Viel besser als ein Hals-Über-Kopf-Bauch-Herzentscheid alles auf Nichts zu setzen.
Im Rahmen Ihrer inhaltlichen Neuorientierung werden Sie irgend wann auf etwas stossen, das gleichzeitig Ihre Leidenschaft und bei anderen Menschen Bedürfnisse weckt. Genau dann spielen Sie mit. Erhöhen den Einsatz. Und setzen alles ein. Ihre Zeit, Ihr Geld, Ihre Kraft. Den Rest besorgt die Glücksfee. Und falls Ihnen gar nichts in den Sinn kommt, fragen Sie Ihre drei Töchter wofür Sie gerne Geld ausgeben. Ich bin sicher, irgend etwas davon wird Ihnen Spass machen.
Mit Royal Flush
Ihr Chef vom Ganzen
Guten Abend. Mein Name ist Steve Gilgen und ich komme aus der Schweiz. Leider ist mein Berufsleben bisher nicht gut verlaufen und einen Abschluss besitze ich leider auch nicht. Habe in schon fast allen Berufen im Baugewerbe gearbeitet, was mir aber gar nicht mehr zusagt. Ich und mein Kollege haben angefangen uns um zu schauen wie wir mit Import/Export unser Geld verdienen. Er hat bereits angefangen mit Western Reitsättel für Pferde, die er aus Paraguai importiert, aber er hat als guten Kontakt seinen Vater, der seit fast 20 Jahren in Paraguai lebt. Ich hab mir schon nächtelang Internetseiten um die Ohren geworfen und komme auf einfach gar keine Kontakte oder Tipps, wie ich da einsteigen kann oder Hilfe bekomme. Es wäre ein Traum endlich mit Herzblut Geld zu verdienen. Ich hoffe, Sie können mir Tipps geben. Steve Gilgen, Messebauer, 27.
Lieber Steve
Sie werden es schaffen. Das Wichtigste für den Aufbau eines erfolgreichen Geschäfts steckt in Ihnen. Auch ohne Abschluss. 1975 brach Bill Gates sein Mathematikstudium an der Harvard University ab. Mark Zuckerberg verabschiedete sich 2006 in Harvard ebenfalls ohne Diplom.
Sie benötigen auch kein (eigenes) Geld. Das holen Sie sich bei Investoren. Das Einzige, was Sie unbedingt brauchen, ist der unbedingte Wille es zu schaffen. Und den haben Sie doch. Oder etwa nicht? Eben. Dann fehlt nur noch eine Geschäftsidee für die Sie Ihr Herzblut vergiessen. Und zwar in Strömen.
Diese Idee finden Sie weder im Internet noch in irgend einem Ratgeber. Viel einfacher. Reden Sie mit Ihrem Vater. So wie Ihr Kollege mit den Reitsätteln. Sprechen Sie mit Ihrer Freundin, Ihrer Mutter, Ihren Freunden. Reden Sie für einmal nicht über Autos und Fussball. Sondern über Probleme. Kleine, alltägliche Probleme, die Sie umtreiben. Finden Sie heraus wofür es noch keine Lösung gibt. Oder was Sie besser machen würden.
Das kann ein besserer Kaffee sein (Starbucks), ein besserer Hamburger (McDonalds), ein günstigeres Kilo Mehl (Migros), ein schönerer Nagellack (Maybelline). Suchen Sie nicht zu weit. Es müssen nicht Reitsättel für Delphine sein. Wenn Sie der bessere, günstigere, verlässlichere oder einzige Coiffeur, Bäcker, Automechaniker, Spengler, Treuhänder, Maler, Bauunternehmer im Dorf sind, werden Sie erfolgreich sein.
Schreiben Sie auf worin Sie besser sind oder sein wollen als alle anderen. Dann haben Sie Ihre Idee. Und wenn Sie auch noch jemanden finden, der Ihnen Geld dafür gibt, damit Sie das tun, was Sie am besten können, dann haben Sie nicht nur eine Idee, sondern ein Business. Folgen Sie Ihrem Herz und Ihrem Bauchgefühl.
Sobald Sie eine Business-Idee haben, holen Sie sich kostenlose Unterstützung bei der Firmengründung. Und wenn nicht, kriegen Sie von mir hier nochmals einen Tritt ein den Hintern.
Mit Sporen am Fuss
Ihr Chef vom Ganzen
Lieber Chef vom Ganzen. Knapp vor der magischen 50er-Grenze kann ich mich beruflich noch einmal verbessern und habe einen neuen Job ergattert. Diesen werde ich allerdings erst in einem Jahr antreten, weil meine künftige Firma gerade in Umstrukturierungen steckt. Ich habe eine Kündigungsfrist von drei Monaten. Aus Fairness gegenüber meinem heutigen Arbeitgeber würde ich gerne schon heute klar Schiff machen. Meine Kollegen raten ab. Sie sagen, ich sei danach im Betrieb eine Lame Duck. Was meinen die damit und was droht mir da? Tobias W., 49. Bereichsleiter Logistik
Lieber Tobias
Ihnen droht das gleiche Schicksal wie George W. Bush 2008 und Bill Clinton 2000. Als Lame Duck («lahme Ente») wird im US-Wahlsystem bezeichnet, wer in absehbarer Zeit aus seinem Amt scheidet. Weil er seine Wiederwahl verloren hat, nicht mehr wiedergewählt werden darf oder auf eine Wiederwahl verzichtet. Eine Lame Duck gilt als eingeschränkt handlungsfähig.
Anders gesagt: Niemand legt die Hand ins Feuer für jemanden, der das Feuer bald selber löscht. Ausser für Ottmar Hitzfeld. Und auch das nur, weil ihm die WM in Brasilien zu Füssen liegt. Ihre Kollegen haben Recht. Wird Ihr neuer Job publik, stehen Sie im Abseits. Und erhalten kaum mehr einen brauchbaren Pass. Werden vielleicht sogar ausgewechselt und schmoren die letzten Monate auf der Ersatzbank. Oder werden gekündigt.
Ihre wahrscheinlich beste Option: Sie könnten kurz vor der magischen 50er-Grenze endlich nackt durch Thailand trampen, den Highway-Number-One auf einer Fat Boy runterbrettern, mit der Familie eine halbes Jahr in den Yukon auswandern. Oder sich einen anderen lang gehegten Bubentraum erfüllen.
Sie halten mit Infos zu Ihrem neuen Job so lange wie möglich zurück. Oder kündigen sofort. Und lassen ihren Träumen Flügeln wachsen. Es ist Ihr Leben. Quack!
Mit geflügelten Grüssen
Ihr Chef vom Ganzen
Lieber Chef vom Ganzen. Immer wieder stelle ich fest, dass in geschäftlichen, internen (manchmal auch externen) E-Mails am Ende die Grussformeln „Herzlich“, „Herzlichst“ oder „herzliche Grüsse“ verwendet werden. Meiner Meinung nach sind diese in dem Zusammenhang wenig passend. Wie stehen Sie als sprachlich versierte Person zu dieser Frage? Caroline, Ingenieurin, 34
Liebe Caroline
Egal wie strikt Sie Geschäftliches und Privates trennen, wem Sie mit Herzlichkeit begegnen und wem Sie Ihr Herz schenken wollen, das bleibt Ihre persönliche Entscheidung. Heute bahnt sich jede zweite Liebesbeziehung am Arbeitsplatz an, heisst es. In Firmen mit offenem Internet liegt der Wert vermutlich noch höher, wenn man die Zugriffe auf Partnerplattformen mit einrechnet.
So herzlos und unpersönlich geht es in den allerwenigsten Arbeitsorten zu und her. Da werden Hunde gestreichelt, Fotos geteilt, Bildschirme dekoriert, Feierabende gefeiert und manche Abteilungen gehen sogar gemeinsam baden. Die Firma als Familie. Der Wunschtraum jedes Patron. Einer für alle, alle für ihn.
Dass bei so viel Harmonie intern nicht nur in der Kaffeepause, sondern auch in E-Mails herzlich gegrüsst wird, finde ich unproblematisch. Andernorts empfehle ich als unverfängliche Vorstufe zur Herzlichkeit die Freundlichkeit. Insbesonders im Umgang mit Kunden und Geschäftspartnern.
Konkret: Mit «Lieber Herr Muster» schreiben Sie nur Kontakte an, die Sie persönlich getroffen haben. Bei denen dürfen Sie sich bei gutem Geschäftsverlauf auch herzlich verabschieden. In den klassisch-konservativen Branchen (Finanzen, Industrie, Recht) und bei Ü50-Kontakten «Sehr geehrter Herr Muster» und «Mit freundlichen Grüssen» verwenden. Die ältere Generation schätzt formale Korrektheit. Haben die damals so eingetrichtert bekommen. Tipp für altersgerechte Power-Point-Präsentationen: Wählen Sie die Schriftgrösse immer mindestens halb so gross wie das Durchschnittsalter der Anwesenden.
Meine persönliche Geheimwaffe, das Reduit der Begrüssungsformeln sozusagen, lautet ganz neutral: «Grüezi Herr Muster». Als Romand, Tessiner, Franzose oder Italiener darf es auch ein «Bonjour Herr Muster» oder ein «Buongiorno Herr Muster» sein. Etwas heikler, aber nicht minder spannend, wird es jenseits der Schweizer Landessprachen: «Hello Mister Muster» oder «Konnichiwa Herr Muster». Im Zweifelsfall jedoch lieber in den sicheren, sehr geehrten Herr Hafen einschiffen.
Mit freundlichen Grüssen
Ihr Chef vom Ganzen
Lieber Chef vom Ganzen. Gerade fällt der erste Schnee vor dem Fenster, jetzt ist definitiv Winter. Das bedeutet auch, dass mein Chef wieder seine Wollmütze aus den Tiefen des Kleiderschranks hervorgekramt hat. Und diese Mütze ist wirklich kein schöner Anblick (es steht sogar „nasty“ darauf, das sagt doch schon alles). Seit Jahren versuche ich, ihm das Teil auszureden. So diplomatisch, wie ich nur kann. Nichts hilft, was soll ich tun? Ich mein‘ es doch nur gut. Andrea (30), Projektleiterin
Liebe Andrea
Es liegt in der Natur der meisten Chefs den eigenen Kopf durchzusetzen. Auch mit Mütze drauf. Von Diplomatie oder Demokratie halten derart gestrickte Köpfe wenig. Sie geben sich für andere Meinungen zwar meist empfänglich und sind es vielleicht sogar. Doch am Ende halten sie an ihrer eigenen Wahrheit fest. Sehr fest. Und sehr lange.
Doch genau das ist das Holz aus dem kongeniale Chefs geschnitzt sind. Und sture Holzköpfe. Denn trifft der Chef mit seiner unbeirrbaren Vorliebe den Geschmack der Kunden, Geschäftspartner oder Mitarbeiter, lobt man ihn für seine Geradlinigkeit, seine Durchsetzungskraft, seinen Mut den eigenen Weg gegen alle Widerstände zu gehen. Haut er daneben, kritisiert man ihn für seine Sturheit, Uneinsichtigkeit, Kritikunfähigkeit.
Der Grat ist schmal. Und der Tanz darauf kein leichter. Und weil es sich zu zweit viel besser schöner leichter tanzt, lassen sich manche Chefs nur allzu gerne führen von der Meinung ihrer Frau. Oder Freundin. Oder Partnerin. Oder Mutter. Oder Mitarbeiterin. So einfach sind die meisten Männer (und Chefs) gestrickt. Sie einfach wie eine Wollmütze.
Es scheint Ihnen etwas zu liegen an dieser Mütze. Und auch an diesem Chef. Wenn Sie diesen Kopf neu eindecken wollen, kommen Sie nicht umher ihm eine neue Mütze zu schenken. Oder sogar zu stricken. Oder wäre das dann doch zu nasty für Sie?
Mit kühlem Kopf
Ihr Chef vom Ganzen